Hinter der Welt

Gespräche mit dem Sohn


Titelbild


Renate Weber

Gedichte und Texte 2007-2010


84 Seiten, broschiert
2011
Auflage: 500 Stück, € 19
ISBN 3-901735-24-0



Hinter oder vor der Welt?

Nomen est omen - der altbekannte römische Weisheits- bzw. Halbweisheitsspruch kann sich an Dir, liebe Renate, erproben: Er stimmt, renata, Du Wiedergeborene, in Deinen Aktivitäten, Werken immer wieder neu - bildnerisch, literarisch ... geboren, und sei's einmal auch nur eine kulinarische Köstlichkeit. Nur? Es gibt kein Nur bei Dir, oder doch - "nur" auf Türkisch ist Licht, Helligkeit - gibt's bei Dir, Licht beim Arbeiten, Helligkeit für Dich, Dein Inneres, eins fürs andre - und für die anderen.

Bei meinem ersten Einsatz als Mitglied der Jury des "premi cultural" in Ftan, Werke künstlerisch Schaffender aus dem Kanton Graubünden zu reihen, Gewinner zu ermitteln, waren die Papierschnitte von Renate Weber für mich die allergrößte Überraschung. Die Scherenschnitt-Technik war für mich bis zu diesem Erkenntnis stiftenden Ereignis, Erlebnis, einem echten Aha-Erlebnis, der Volkskunst zuzuzählen, folkloristisch, nett. Von der großen Tradition des chinesischen Papierschnitts hatte ich noch keine Ahnung, auch nicht von der Fülle der gestalterischen Möglichkeiten, wie ich sie bei Renate Weber voll Staunen entdeckte.

Weber, der Familienname der Künstlerin, entpuppt sich ebenfalls als Omen, weben, knüpfen - eine aufwendige handwerkliche Technik - Renate Webers Papierschnitte sind handwerklich noch weit aufwendiger: Für etwa 0,5 m2 schwarzes Papier 50 Stunden perfekten Feinschnitts, Arbeit und sichtlicher Genuss, mit der scharfen Schere eines Augenchirurgen - minutiös bietet sich als kennzeichnendes Adjektiv an, nicht Kunsthandwerk oder Handwerkskunst, sondern Kreativität, Kunst, mit meisterhaftem Einsatz ihrer Technik, des Papierschnitts - Kunst mit Herz und Hand und Kopf - und, ja, sogar mit Fuß. Wenn wir schon bei der Genealogie und Etymologie von Namen, Wörtern sind: Renate Weber, geb. Widmer - nicht nur "Hinter der Welt" ist D. und F. gewidmet; ihr ganzes Leben steht unter nämlichem Motto, sie widmet sich - Grund ist Ursache und Boden.


Zwei Texte von Renate Weber, poetisch und präzise - ihrer Gestaltungsweise gemäß erschließen den Zugang ihrer Kunst, Papierschnitt-Grafik und Literatur:

Die Papierschnitte dieses Bilderzyklus sind ein Hineinhorchen und Hineinfühlen, suchende Bewegungen durch eine Formenvielfalt von Unterwasserlandschaften. Beinahe wie ein Seismograph übernimmt die winzigkleine Schere ihre Stimmungen und in immer durchlässigeren Schichten ziselieren innere Bilder. Die Unterwasserlandschaften symbolisieren sensible Tiefenbereiche, die sich stetig verändern. Dort gibt es Schattenorte sowie iichtvollen Unterwasserzauber, Kraft wurzelt in ihren Gründen; ich höre das Wachsen in den Kammern, das Rauschen von Strömungen, ein "Kiemenatmen", das von Pulsierendem zeugt. Worte wie Geheimnis, Grund, Ursprung, Schöpfung, Leben, Fantasie, Vielfalt kommen mir in den Sinn...


Auf Grund wollte ich Dunkelheit
unter dem Urblatt das Versteck.
Woraus junges Licht die Triebe locke
und Blüten
geschlossen
sich öffnend
offen
wie ein alles nehmender Kelch jenem was in der Tiefe gründet noch haftet
eine Ahnung des Werdens und die Sehnsucht einer Erfüllung sind.



Seite 28-29

Seite 28/29



Seite 50/51

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Danke, liebe Renate, dass ich "Grund", Deinen großartigen Zyklus, in meinem Atelier im Karrnerwaldele ausstellen und täglich mit anderen Bewunderern betrachten, genießen kann - leider nur noch kurze Zeit! Euer Buch "Hinter der Welt, Gespräche mit dem Sohn" wird mir hoffentlich helfen, mich über den Abschied von Deinen Werken hinwegzutrösten!

Gerald Kurdo
ğlu Nitsche, Atelier im Karrnerwaldele, Landeck/Tirol